Wie wird man als Skiort nicht größer ? So etwas ist im Jahr 2017 in den Hochalpen eine wichtige Frage. Les Menuires, eine der schönsten Familien-Destinationen im französischen Skigebiet 3 Vallées, hat vor einiger Zeit entschieden: 25.000 Gästebetten sind genug! Wie verhindert man also weitere Bodenversiegelung, wo die größte Ski-Region der Welt doch schneesicher ist und garantiert weiter die Menschen strömen werden?
Die kleine Skistadt, benannt nach den Kohleminen von einst, sanierte 2012 als erstes ihre Hotel- und Appartementblocks. Nun sehen die Großbauwerke direkt am Skihang wieder blitzsauber aus. Vor allem der elegant und extralang wie ein Ocean Liner an der Schneepiste hingezogene „Brélin“ von 1973 ist ein spektakulärer Hingucker. Mit Flachdächern, Sonnenterrassen, langen Fensterzeilen und freiem Grundriss steht er im Geiste Le Corbusiers und gehört ganz offiziell zum französischen Architekturerbe des 20. Jahrhunderts.
Dann kam der zweite Streich, ein Novum. Die Stadtspitze überzeugte mit Hilfe der kommunalen Immobilienagentur Samrenov Besitzer von in die Jahre gekommenen Studios, diese doch mal zu renovieren und elf Jahre lang in den Ferienmietportalen des Ortes anzubieten. Dafür floss und fließt richtig Geld – bis zu 15.000 Euro pro Einheit. Cash! Und sogar, wenn man selbst umbaut. Das Modell ist ein Erfolg. Win-win: Die Gäste genießen nun zeitgemäße Küchen, Bäder und Interieurs. Und Les Menuires kriegt seine Altlasten strahlend schön – zudem muss es keine Neubauten genehmigen.
So kann sich Les Menuires nun wieder ganz auf seine größten Besonderheiten konzentrieren: die Freeride-Reviere zwischen Mont de la Chambre und Pointe de la Masse. Die Gäste können praktisch von jeder Unterkunft aus direkt mit ihren Skiern losstarten. Über die Seilbahnen ROC 1 und ROC 2 ist zum Beispiel ein phantastisches, weil besonders riesiges Gelände zu erreichen. Hier kann der Gast, bei vollkommener Stille und oft ganz allein, immer irgendwo erste Schwünge in den Tiefschnee setzen. Oder, wenn der letzte Schneefall schon ein paar Tage zurück liegt, sich von einem kundigen Guide im flachen Terrain über „Betonschnee“ geleiten lassen. Auf dem dann höchstens ein paar Eisbrösel bröckeln. Eine ganz eigene Kunst und Erfahrung.
Das Hochtal Vallée des Belleville ist auch als Ganzes besonders. Saint-Martin auf 1400 Metern Höhe spielt die faszinierende Rolle des authentischen Savoyer Dorfes. Hierher kommt, wer das Alte liebt. Jede Abweichung vom Original-Stil ist verboten. Alte Ställe, Brotbackhäuser und Bauernhöfe verbreiten Flair, darunter ein Lokal mit 3 Michelin-Sternen, La Buitte. Les Menuires auf 1850 Metern ist die Trabantenstadt von 1972, siehe oben – Stahlbeton in den Bergen, enorm effektiv und von rauhem Charme. Und Val Thorens schließlich ist das Juwel der Party-Jugend – ein legal High auf 2.300 Metern -, und somit das höchste Alpenskidorf. Bis knapp unter die Lawinenschutzzäune ist gebaut. Jedes Hotel ein kleiner Adlerhorst. Skifahren kann man im Mai noch. Und an der Piste geht hier täglich die Party ab, zum Beispiel im Folie Douce, einer Mischung aus Restaurant, Konzertclub und Afterski-Bar. So kann das Belleville-Tal mithalten im Wettbewerb gegen die luxuriösen Superstationen Courchevel und Méribel, die nur ein paar Lifte und Tiefschneeabfahrten weiter liegen.
Skigebiet Die Saison 2017/18 startet am 9.12. – für je 6 Tage gibt es die Skipässe Solo (300 €), Duo (290 € pro Person), Tribu (285 € pro Person für Gruppen ab 3) und Familie (240 € pro Person). Zirka 600 km Abfahrten, 166 Skilifte (Les Trois Vallées gesamt).
Unterkunft Neue 4-Sterne-Residenz Le Coeur des Loges, Suite/Appartement ab ca. 2000 € die Woche (Offerten günstiger), http://www.mmv.fr
Anreise Flug München – Genf ca. 1 Stunde (ab ca. 106 Euro einfach) plus 1 1/2 Stunden Hotel-Shuttle. Oder Pkw.
Text: Alexander Hosch