Es hatte schon immer etwas von Budenzauber, wenn man aus der prachtvollen Ludwigstraße in das Institut für Romanische Philologie kam und desillusionierende Ödnis die Studierenden umfing. Immerhin hatte Friedrich v. Gärtner, König Ludwigs I. bester Mann neben Klenze, die Fassade geplant. Doch hinter der vornehmen Kulisse herrschte gestalterischer Siebzigerjahre-Universitäts-Pragmatismus. Nun ist Schluss mit diesem Qualitätsgefälle. Von dem scheußlich zusammengewürfelten Bau stehen nur noch die denkmalgeschützten Außenwände. Die Bregenzer Architekten Fink Thurnher und Cukrowicz Nachbaur – letztere machten mit dem betonblütenfrischen Vorarlberg Museum von sich Reden – setzen einen freundlich-puristischen Bibliothekskern in die neoklassizistische Hülle. Geplant ist die Eröffnung des Philologicum, einem Megabüchertempel der Sprach- und Literaturwissenschaften, für 2018. Unser Foto erzählt aber noch eine ganz andere Geschichte: Hinter der plastikverhangenen Wand kratzen die Türme der Ludwigskirche an den Wolken. Rundbogenästhetik, Grundriss nach dem Vorbild einer dreischiffigen Basilika und Deckengemälde des Gotteshauses sind faszinierende Zeugnisse der königlich-bayerischen Byzanzschwärmerei. So gesehen blickt man über diese Alpen aus Bauschutt direkt nach Konstantinopel. Alexandra González