Grün-Blauer Reiter

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Heinrich Campendonk, der jüngste Maler des Blauen Reiter, lugt kaum aus dem Schatten von Marc, Macke, Münter, Klee und Kandinsky hervor – so berühmt sind die Anderen. Das könnte sich jetzt ändern: Am 4. Juni eröffnet das alte Penzberger Stadtmuseum. Mit Anbau und unter neuem Namen.

Man kann dort nun viele kleine Feinheiten entdecken. Wie das ins Treppenhaus integrierte farbige Campendonk-Glasfenster, die typischen schmalen ak_dsc_0193bExpressionistenrahmen aus Weichholz (einer soll sogar von „Brücke“-Kollege Ernst Ludwig Kirchner stammen) oder die realen Berge Benediktenwand und Herzogstand im Hintergrund. Sie geben der Kunst bei jedem Wetter eine charmante Alpenkulisse.

ak_dsc_0215bausschnitt25Mit einer dunkeltonigen, silbern aufblitzenden neuen Klinkerziegel-Architektur, welche die Kubatur eines bestehenden Bergarbeiterhauses verdoppelt, stellt sich die ehemalige Grubenstadt in den Voralpen nun endlich der alten Verbindung zum Blauen Reiter. Die höchst speziellen Penzberger Koloniehäuschen und ihre hügelige bäuerliche Umgebung sind als Staffage auf vielen Gemälden, Zeichnungen und Glasbildern Campendonks zu sehen, von dem die Stadt seit Kurzem mehr Arbeiten als jede andere besitzt – um die 300.

1911 luden die Münchner Avantgardisten den Krefelder Campendonk (1889-1957) zu sich nach Bayern ein. Bis 1922 lebte und arbeitete er in den Voralpen, erst im nahen Sindelsdorf, dann in Seeshaupt am Starnberger See. ak_dsc_0139b
Besonders Klee war ein enger Vertrauter. Campendonk stilisierte seinen Expressionismus bis ans Lebensende, sichtbar beeinflusst von den älteren Malerfreunden, als naiv-geheimnisvolle, oft in grün-blaues Dämmerdunkel getauchte Naturwelt. In den melancholischen, bisweilen auch irgendwie chagallesken Szenerien kommen zu jeder Epoche Mond und Sterne, Kühe, Ziegen, Marionettenfiguren oder liegende Akte vor. Zu sehen und zu schätzen ab sofort 50 Kilometer südlich von München.    Alexander Hosch

Ab 4. Juni: Museum Penzberg – Sammlung Campendonk, Karlstraße 25, 82377 Penzberg; www.museum-penzberg.deak_dsc_0145bk

Pflanzenfundstück

johanniskrautJohanniskraut, 2013

Die elegante Fotoserie „Florilegium“ von Sabine Berthold wird 2016 weitergehen. Sie ist eine Sammlung von weitem Begriff – nicht nur, weil die Digitalprints (Größen 20 x 30, 30 x 45, 60 x 90 cm) sowohl Blüten, Blätter und vignette_alpenstaunenKräuter als auch Stängel, Halme, Samenkapseln, Früchte oder Ausschnitte davon – pars pro toto – zeigen. Zu den vegetabilen „Darstellern“ der filigranen und manchmal bizarren Stillleben gehören Mitbringsel von Freunden, Trouvaillen aus dem Urlaub und aus dem Wohnkaufhaus, am Wegrand gefundene oder speziell gesuchte Pflanzen, Blumen, die vom Balkon auf die Großstadtstraße gefallen sind, Ableger aus dem Garten, florale Fundstücke, die am Gelände der Großmarkthalle zwischen nicht mehr gebrauchten Gleisen heranwuchsen, exotisches Fallgut aus dem Botanicum… Nicht alle sind aus den Alpen oder Voralpen. Aber viele. Wie das Johanniskraut (oben) vom Südufer des Starnberger Sees, sozusagen der nördlichste Quadratmeter des Murnauer Mooses.   ah

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Eukalyptus, 2015

Mehr Motive:  http://www.sabine-berthold-fotografie.de/

Frühjahrsskifahren

AK_LESARCS-2Die frohe Botschaft für Frühjahrsskifahrer kommt aus Frankreich, genauer: Savoyen. Dort, wo die Skistationen der Architekturmoderne nicht unten im Tal, sondern so hoch wie möglich, zwischen 1600 und 2000 Metern, angelegt worden sind, braucht man auch im April nicht auf das kalte Feuer aus den Schneekanonen zu warten, um guten Gewissens seine Kurven zu ziehen. Das weiße Zeug ist einfach sowieso da. Manche dieser Reißbrett-Skidörfer liegen sogar auf mehr als 2300 Metern – so wie Val Thorens im größten Skigebiet der Welt, den Trois Vallées in der Tarentaise. vignette_alpenstaunenDort kann man sogar im Mai noch Skifahren. Les Arcs, etwas weiter nördlich, liegt nicht ganz so hoch – aber dafür führt dieses Skigebiet an der Aiguille Rouge im Vanoise-Massiv auf in Europa kaum schlagbare 3.226 Meter Höhe. Und meist stellt sich, gleich gegenüber des Gondelausstiegs, der Mont Blanc in den Blick. Alles ist im Frühjahr übersichtlich und klar: die Zahl der Menschen, die Aussicht, die in Savoyen stets bestens präparierten Pisten. Durcheinanderkommen kann man trotzdem – wie an der Skischaukel zwischen Les Arcs und La Plagne der Wegweiser-Schnappschuss von Anfang April (oben) beweist. Da wünscht sich der wegsuchende Pistenfuchs doch gleich in einen der vielen vollendet verständlichen französischen Autokreisverkehre zurück.  ah

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Das Bulle Café im Skigebiet bei Les Arcs 2000